„Grüne Welle – Stadtgarten Rostock“ - Stand Januar 2022
Die Hanse- und Universitätsstadt hat jetzt eine Beschlussvorlage für ein Kleingartenentwicklungskonzept vorgelegt, welches in den kommenden Monaten im politischen Raum und in den Ortsbeiräten öffentlich diskutiert wird. Die Termine mit Tagesordnung der Ortsbeiräte werden regelmäßig u.a. im Städtischen Anzeiger veröffentlicht. Jeder Gartenfreund kann sich für die Sitzungen, in der das Konzept auf der Tagesordnung steht, anmelden und seine Fragen oder Bedenken äußern. Die Ortsbeiräte und die Ausschüsse der Bürgerschaft haben die Möglichkeit Änderungsanträge zum Konzept einzubringen.
Das Kleingartenentwicklungskonzept besteht zum einen aus einer Bestandsanalyse, in welcher die bestehenden Anlagen dargestellt werden. Sowohl der Verband der Gartenfreunde als auch seine Mitgliedsvereine wurden in die Arbeit einbezogen, insbesondere durch die Beantwortung mittels Fragebögen und sog. Gartentischgesprächen. Auch Präsentationen zum Auftakt und zu den Zwischenständen wurden jeweils vor der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Der Verband der Gartenfreunde wurde in die Lenkungsgruppe einbezogen. Sicherlich gab es Vorbehalte, ob hier nicht die Grundlage geschaffen werden soll für eine Rechtfertigung Kleingärten abzuschaffen. Schließlich bieten Bundeskleingartengesetz und Generalpachtvertrag hinreichenden Schutz der Kleingärten davor, einfach so in Anspruch genommen zu werden.
Das Kleingartenentwicklungskonzept spricht von einer Reduzierung des Schlüssels von 1:7 auf 1:9 Kleingärten pro Anzahl Geschosswohnungen und von einer Öffnung der Anlagen zu Kleingartenparks. Es gibt Handlungsempfehlungen für jede Anlage von Verkleinerung der Parzellen bis zur Schaffung von Spielplätzen oder öffentlichen Grünanlagen. Hier halten viele Kleingärtner und Vereinsvorstände sich nunmehr in der Pflicht aktiv zu werden, um weiterhin Schutz zu genießen. Sie gehen davon aus, dass sie nur weiter Bestand haben können, wenn sie ihre Anlage öffnen. Das entspricht nicht der Wahrheit.
Laut Bundeskleingartengesetz besteht eine Kleingartenanlage aus privat verpachteten Kleingartenparzellen und Gemeinschaftsflächen. Eine öffentliche Parkanlage oder öffentlich zugänglicher Spielplatz sind keine Bestandteile. Die Kleingartenvereine haben in der Regel ausschließlich den Zweck der Kleingärtnerei, ggf. auch des Umweltschutzes. Hier sollten die Vereine vorsichtig sein. Die Gemeinschaftsflächen sind Flächen, die der Kleingärtnergemeinschaft zur Verfügung stehen als Wege zwischen den Parzellen und ggf. als Parkfläche oder als Festwiese, Lehr- oder Streuobstgarten, für die Imkerei oder das Vereinsheim. Es spricht nichts dagegen, dass man auch die Öffentlichkeit auf den Gemeinschaftsflächen zulässt. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass den Verein die Verkehrssicherungspflicht trifft und er daher Vorkehrungen treffen darf und muss, dass niemand zu Schaden kommt. Dies kann auch bedeuten, dass die Anlage nachts und im Winter verschlossen wird.
Mit dem Kleingartenentwicklungskonzept soll versucht werden, die Kleingärtnerei auch für Nicht-Gartenfreunde attraktiv zu machen. So soll versucht werden eine größere Akzeptanz für den Bestand der Kleingärten zu schaffen. Daher geht das Kleingartenentwicklungskonzept in einem weiteren Teil jede Kleingartenanlage anhand von vier Kriterien durch, die diese jeweils gewichten. Diese lauten:
· Grad der Versorgung der stadträumlichen Einheit mit Kleingärten
· Nähe der Anlage zum Angebot des ÖPNV
· Nähe zum Geschosswohnungsbau und
· Anteil der Sozialleistungsempfänger in der stadträumlichen Einheit.
Diese Kriterien sind rein objektiv und die Gestaltung, Führung oder der Zustand der Kleingartenanlage spielen keinerlei Rolle. Entsprechende Kriterien waren bereits vorgesehen. Dagegen konnten wir als Kleingärtnergemeinschaft erfolgreich vorgehen. Hier waren insbesondere die zuvor aufgezählten Argumente ausschlaggebend. Anhand der jeweiligen Kriterien wurde dann der Schutzgrad der Kleingartenanlagen ermittelt, der bei allen Anlagen einen Bestandsschutz statuiert.
Die Stadtplanung entwickelt eine Stadt immer vom Zentrum nach außen. Dabei geht man von hoch verdichteter Bebauung in der Innenstadt aus, die immer lockerer wird. Am Rand haben dann die Kleingärten Platz, die langsam in die offene Landschaft überleiten. Diese Einstellung bewirkt allerdings, dass eine Kleingartenanlage in Innenstadtnähe oder in der Nähe eines Wohnquartiers mit einem Bebauungsplan überplant wird. Die Kleingärtner werden entschädigt und am Stadtrand werden neue Kleingartenanlagen nach BKleingG eingerichtet, falls die Kommune entsprechende Flächen ausweisen kann. Die neuen Parzellen sind für betagte Gartenfreunde nicht mehr attraktiv, da sie schlecht zu erreichen sind, neu angelegt und ausgebaut werden müssen, über keinen Wasser- und E-Anschluss in der Laube verfügen. Auch für junge Familien sind solche Anlagen nur bedingt geeignet. Dies ist der Schutzstatus des BKleingG. Dieser wird auch durch des Kleingartenentwicklungskonzept nicht berührt.
Das BKleingG geht jedoch davon aus, dass der Kleingarten fußläufig erreichbar ist, daher muss der Stadtplanung etwas entgegengehalten werden können, wenn diese sich mit einer Bebauung auf eine Kleingartenanlage ausdehnen will. Hier setzt das Kleingartenentwicklungskonzept an. Es stellt als Abwägungsinstrument bereits an eine mögliche Inanspruchnahme von Kleingartenflächen Anforderungen, die dafür sorgen, dass Kleingärten je nach Erhaltungsstufe in unmittelbarer Nähe oder in der stadträumlichen Einheit oder im Stadtgebiet zu ersetzen sind. Auch hier spielt es wiederum keine Rolle, in welchem Zustand sich die Kleingartenanlage befindet. Zuerst spricht sich das Konzept für den Erhalt der Kleingärten aus. Erst nach Abwägung der Kriterien aus der Erhaltungsstufe kann eine Inanspruchnahme nach BKleingG erfolgen. Ohne die Mechanismen des BKleingG darf ohnehin keine Kleingartenanlage vernichtet werden. Dies ist in der Vergangenheit leider in unserer Stadt oftmals umgangen worden. Insofern stellt das Kleingartenentwicklungs-konzept gerade keine Erleichterung für die Verwaltung dar.
Das Kleingartenentwicklungskonzept ist als sog. Vorplanung ein Instrument zur Selbstbindung der Verwaltung. Die Verwaltung muss sich also selbst an das Konzept halten und kann dies nicht außen vor lassen.
Auch die Handlungsempfehlungen verpflichten lediglich die Stadt und nicht die einzelnen Kleingartenvereine. Am Status des Kleingartenvereins kann die Stadt gar nichts ändern. Die Vereine sind rechtlich selbständig und entscheiden selbst über ihre Geschicke. Auch dem Verband der Gartenfreunde, als Generalpächter kann die Stadt mit dem Konzept keine Vorschriften machen. Ganz im Gegenteil, indem das Kleingartenentwicklungskonzept Handlungsempfehlungen gibt, verpflichtet sich die Stadt zur Finanzierung etwa darauf gegründeter Projekte. Im Einzelnen müsste die Stadt auch eine Verkehrssicherungspflicht übernehmen und Flächen aus dem Pachtvertrag nehmen, wenn diese öffentlich zugänglich gemacht werden sollen.
Zu Kleingartenparks ist noch gesondert hinzuzufügen, dass diese einer Idee entstammen aus Regionen, in denen ein Überangebot an Kleingärten herrschte und die Gartenfreunde und die Verwaltung mit Leerständen zu kämpfen hatten. Man entschied sich dort dafür, Kleingartenanlagen zu verkleinern und die dann zwischen den Anlagen entstehenden Freiräume als Parkanlagen zu gestalten. Es gibt also immer Bereiche, die den Pächtern und Vereinen als abgeschlossener Raum zur Verfügung stehen und öffentliche frei zugängliche Räume, die direkt von der Kommune verwaltet und gepflegt werden. Anhand der Bedarfsanalyse im Kleingartenentwicklungskonzept kann in Rostock ein Kleingartenpark schlechterdings mit einem Abbau von Kleingärten verbunden sein. Allenfalls sollte man dort, wo bereits mehrere Kleingartenanlagen liegen, darüber nachdenken, dass die Stadt die Areale zwischen den Anlagen zu Parkflächen umgestaltet.
Wenn das Kleingartenentwicklungskonzept von einem Verhältnis 1:9 von Kleingärten zu Geschosswohnungsbau spricht, dann zeigt dies, dass das Konzept der Bevölkerungswachstumsprognose Rechnung tragen will. Wenn mehr Menschen in die Stadt ziehen, braucht es mehr Wohnungen, auch Geschosswohnungen. Derzeit werden im Werftdreieck, im Warnowquartier und am Groten Pohl Geschosswohnungen in Größenordnungen geplant. Demnach ist das Verhältnis von 1:7 rechnerisch nicht mehr zu halten, ohne neue Parzellen auszuweisen. Neue Flächen wird die Stadt jedoch nicht vorhalten können, sodass im Bestand mehr Parzellen ausgewiesen werden müssten. Hier wären Parzellenteilungen eine Möglichkeit. Das Konzept will hier jedoch den Druck nicht aufbauen und sieht daher eine Untergrenze von 1:9 vor. Das bedeutet nicht, dass diese auch demnächst zu erreichen wäre.
Für alle wäre es ohne Frage ideal, wenn aus dem Kleingartenentwicklungskonzept eindeutig hervorginge, dass nicht eine einzige der bestehenden Parzellen verloren ginge. Solch ein Konzept ist jedoch unrealistisch. Daher ist die Arbeit des Verbandes und unserer Kleingartenvereine auch in der Zukunft gefragt. Wir müssen weiterhin um den Erhalt jeder einzelnen Parzelle kämpfen. Mit dem Kleingartenentwicklungskonzept haben wir jedoch bereits einen kleinen Vorteil gegenüber der Stadtplanung, die lieber ein Konzept hätte, das zeigt, wann welche Anlage wofür überplant werden kann.
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