Rundschreiben 11/2024 - Bundesverband der Kleingartenvereine
Aktueller Stand nach Bundesrat: Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis
und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz – CanG)
Der Bundestag hat am 23. Februar 2024 in namentlicher Abstimmung das Gesetz zum
kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Can-
nabisgesetz – CanG) verabschiedet. Mittlerweile hat das Gesetz (Gesetzentwurf der
Bundesregierung: 20/8704; 20/8763; Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschus-
ses 20/10426) auch weitgehend unverändert den Bundesrat passiert, so dass ein In-
krafttreten des CanG zum 1. April bzw. zum 1. Juli gegeben ist. Inhaltlich gelten daher unverändert die Hinweise, die der BKD bereits in seinem letzten Rundschreiben zu dem Thema gemacht hat:
Zum privaten Anbau von 3 Cannabispflanzen
Das Wichtigste vorab: Der private Anbau von Cannabis im Bereich von Kleingartenan-
lagen ist auch nach Inkrafttreten des CanG grundsätzlich nicht erlaubt! Der Anbau der
vielzitierten 3 Pflanzen ist nämlich lediglich im Bereich der Wohnung bzw. des ge-
wöhnlichen Aufenthalts erlaubt. Beides ist im Kleingarten nicht zulässig, außer bei be-
standsgeschützter Wohnnutzung (nach §18 (2) bzw. §20a (8) BKleingG).
Selbst dort, wo die Voraussetzung der bestandsgeschützten Wohnnutzung vorliegt,
dürfte der Anbau lediglich innerhalb der Laube zulässig sein. Der vom Gesetzgeber im
§ 10 Abs. 1 CanG geforderte Schutz vor dem Zugriff Dritter, insbesondere von Kindern
und Jugendlichen („Cannabis und Vermehrungsmaterial sind am Wohnsitz und am ge-
wöhnlichen Aufenthalt durch geeignete Maßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen
vor dem Zugriff durch Dritte, insbesondere Kinder und Jugendliche, zu schützen.“)
dürfte auf der Parzelle einer typischen Kleingartenanlage im Regelfall nicht zu ge-
währleisten sein.
Hilfreich wären für diesen Fall klarstellende Regelungen in Gartenordnungen bzw.
Pachtverträgen („Insbesondere im Hinblick auf Kinder und Jugendliche, die sich regel-
mäßig in der Kleingartenanlage XY aufhalten, ist der Anbau von Cannabis auch in
Kleingärten mit einer gesetzlich bestandsgeschützten Wohnnutzung nicht zulässig.“)
Allerdings sollten sich die Vertragspartner darüber im Klaren sein, dass im Konfliktfall die gewünschte Verbindlichkeit durch diese Ergänzungen lediglich bei Neuabschluss
bzw. aktiver Zustimmung des Vertragspartners gegeben ist.
Zum gemeinschaftlichen Eigenanbau in Anbauvereinigungen
Die Nutzung von Kleingartenflächen durch „Anbauvereinigungen“ im Rahmen eines
Kleingartenpachtvertrages nach BKleingG ist aus verschiedenen Gründen nicht zuläs-
sig: Zum einen ist der Abschluss eines Pachtvertrages im Rahmen des BKleingG nur
mit natürlichen Personen möglich; eine juristische Person als Vertragspartner würde
die Bereitschaft des Verpächters voraussetzen, einen Pachtvertrag nach den Regelun-
gen des Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) abzuschließen.
Ebenso wäre bei Anbauvereinigungen die für die kleingärtnerische Nutzungsart kenn-
zeichnende Vielfalt der Gartenbauerzeugnisse wohl nicht gegeben.
Vor allem aber wären die vom Gesetzgeber in § 23 Abs. 3 CanG geforderten hohen
Hürden im Sinne des Kinder- und Jugendschutzes („Anbauflächen und außerhalb von
Innenräumen genutzte Gewächshäuser sind durch Umzäunung oder andere geeignete
Maßnahmen gegen eine Einsicht von außen zu schützen.“) nicht mit der typischen
Konzeption einer Kleingartenanlage und den daraus den Pächtern erwachsenden ver-
traglichen Verpflichtungen in Einklang zu bringen.
Hinweis zur Diskussion um die Begriffe Wohnung bzw. Wohnsitz / gewöhnlicher Auf-
enthalt
Motiviert durch den Wunsch, den legalen Anbau auch im Kleingarten begründen zu
können, verweisen Interessierte immer wieder auf die Unterscheidung zwischen
Wohnsitz und Wohnung im nun abgeschlossenen Gesetzgebungsverfahren. Das Argu-
ment liest sich dann oftmals wie folgt; hilfsweise wird teilweise auch auf die Nennung
von Kleingärten im Begründungstext verwiesen:
„Die Bundesregierung hat in ihrer Gegenäußerung am 11.10.2023 (BT-Drucksache
20/8763, S. 4 unten) den Vorschlag einer Beschränkung auf den Bereich der Wohnung ab-
gelehnt und ausgeführt, dass der „private Eigenanbau“ auch in Gärten, Kleingärten o.Ä.
möglich sein soll, da der Anbau dort vor dem Zugriff unberechtigter Dritter durch geeig-
nete Maßnahme geschützt werden könne und der Verstoß bußgeldbewährt sei.“
Gerade diese zitierte Ausführung macht aber deutlich, dass es in der Diskussion zwi-
schen Bund und Ländern bzw. in der Gesetzesbegründung dem Gesetzgeber um die
Frage ging, ob nur die Wohnung selbst oder auch die zur Wohnung gehörende Außen-
fläche für den Anbau in Frage kommen soll; nur so ist die Frage nach dem „Zugriff un-
berechtigter Dritter“ überhaupt sinnvoll. Das wird deutlich, wenn man die komplette
Begründung aus dem Gesetzgebungsverfahren liest:
„Begründung:
Es sollte eine Beschränkung des Anbaus von Cannabispflanzen auf die „Wohnung“ (statt
bisher: „Wohnsitz“) erfolgen, um zu vermeiden, dass die Pflanzen beispielsweise auch im Garten angebaut werden. Außerhalb von Wohnungen sind im privaten Bereich die Maß-
nahmen gegen eine Zugriffssicherung sowie ein zuverlässiger Blickschutz kaum umsetz-
bar. Innerhalb einer geschlossenen Wohnung ist dagegen zumindest eine Sicherung ge-
gen den unbefugten Zugriff nicht zum Haushalt gehörender Dritter, leichter möglich. Au-
ßerdem besteht beim Anbau im Freien ein signifikantes Risiko, dass Cannabispflanzen
aussamen und sich unkontrolliert in der Umgebung verbreiten.“
Dem BKD liegen im Übrigen verschiedene Ausführungen des federführenden Bundes-
ministeriums vor, die eines deutlich machen: Den Akteuren des Gesetzgebungspro-
zesses war klar, dass ein Wohnsitz im Kleingarten nur in den seltenen Fällen des § 18
bzw. § 20a vorliegen kann. Wörtlich heißt es z. B. in einem Schreiben vom 15. Dezem-
ber 2023:
„Der Anbau von Cannabis in Kleingärten wird dem zufolge lediglich unter der Vorausset-
zung erlaubt sein, dass die anbauende Person dort einen Wohnsitz innehat. Das ist – wie
Sie aus Ihrer Arbeit wissen werden – in der Regel nicht der Fall. Denn es ist in § 3 Absatz 2
Satz 2 Bundeskleingartengesetz gesetzlich geregelt, dass eine Laube in einem Kleingar-
ten nicht zum dauernden Wohnen geeignet sein darf. (...) Eine Ausnahme gilt gemäß § 18
Absatz 2 Satz 1 lediglich im Rahme des Bestandsschutzes.“
Vor diesem Hintergrund hat auch die AG Recht des Bundesverband der Kleingarten-
vereine Deutschlands e. V. (BKD) einstimmig die in unserem Rundschreiben geäußerte
Rechtsauffassung bekräftigt.
Dirk Sielmann
Präsident
Bundesverband der Kleingartenvereine Deutschlands e.V.
Stefan Grundei
Geschäftsführer
Bundesverband der Kleingartenvereine Deutschlands e.V.
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